Was ist Verhaltenstherapie? Was ist kognitive Verhaltenstherapie?
Erfolgreiche Methoden zur Behandlung psychischer Beschwerden und Störungen
Es gibt viele verschiedene Therapieformen, und viele Faktoren wirken zusammen, damit eine Therapie im Einzelnen weiterhilft. Eine Grundlage jeder Therapieform ist, dass Menschen sich selbst besser kennen lernen können. Wichtig ist auch in allen Therapieformen, dass sich Menschen innerhalb einer vertrauensvollen Beziehung zum Therapeuten aussprechen, sich entlasten und dabei ihre Gefühle, Gedanken, ihr Bild von der Welt und von sich selbst klären können.
Damit eine Therapie etwas bewirken kann, ist es entscheidend, dass Patienten sich verändern wollen und ihre Kräfte und Fähigkeiten dafür einsetzen können. Auch müssen die Probleme, welche jemand hat, in der Therapie „auf den Tisch kommen“ können und wirklich innerhalb der Therapiesitzung erlebbar werden. Nur wenn jemand über sein Problem in der Therapie spricht und nur wenn dieses Problem dann auch wirklich wichtig für ihn ist, kann das Problem bearbeitet werden. Zu diesem „Bearbeiten“ gehört, dass geklärt werden kann, wie ein Problem entstanden ist, wodurch es aufrechterhalten wird und wie es bewältigt werden kann. Schließlich ist diese Problembewältigung durch viele kleine oder große Lösungsschritte ein zentraler Bestandteil der Therapie.
Bei all den Therapieformen hat die Verhaltenstherapie aber Besonderheiten, die wir hier kurz beschreiben möchten: Die Verhaltenstherapie ist eine Therapieform, in der das Verhalten, seine Auslöser und seine Konsequenzen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt werden. Dabei wird unter Verhalten – anders als im Alltagssprachgebrauch – nicht nur das verstanden, was wir äußerlich tun. Vielmehr meint Verhalten hier, was wir in einer Situation denken, fühlen, tun, und wie unser Körper dabei reagiert.
Ein Beispiel: Jemand ist deprimiert, dann könnte sein Verhalten so aussehen:
Gefühl: niedergeschlagen, lustlos
Gedanke: Mir kann heute nichts Spaß machen.
Körper: Müdigkeit, Abgeschlagenheit
Handlung: Verabredung zu einer Party absagen
Die Konsequenzen von Verhalten werden unterteilt in kurzfristige und langfristige, positive und negative Konsequenzen. In dem o. g. Beispiel könnten die Konsequenzen etwa so aussehen:
Kurzfristig positive Konsequenzen: Der Mensch ist erleichtert, nicht zur Party zu gehen, da er von der Party ja nur Anstrengung oder Langeweile erwartet. Langfristig negative Konsequenzen: Der Mensch wird immer seltener eingeladen, zieht sich immer mehr zurück, fühlt sich immer weniger gemocht, immer einsamer und wird immer depressiver.
Besonders tückisch ist es für jemanden, wenn sein Verhalten (wie im obigen Beispiel) kurzfristig angenehme, positive, aber langfristig unangenehme, negative, vielleicht gar schädliche Folgen hat. Denn wir Menschen neigen dazu, lieber etwas zu tun, wenn es sofort angenehme Folgen für uns hat und übersehen dabei schnell, dass wir uns damit langfristig vielleicht unerwünschte Konsequenzen einhandeln.
Weiter ist wichtig, dass Menschen Probleme oder Krisen manchmal nicht bewältigen, weil sie entweder unangemessene, krankmachende Verhaltensweisen zeigen oder weil ihnen hilfreichere Verhaltensweisen zur Lösung ihrer Probleme fehlen. Dabei gehen Verhaltenstherapeuten davon aus, dass das ungünstige Verhalten früher einmal (oft in der Kindheit) gelernt oder dass das hilfreiche Verhalten früher eben nicht gelernt wurde. Aber obwohl diese Lernerfahrungen manchmal lange zurückliegen, kann das Verhalten heute, in der Gegenwart bewusst gemacht und verändert werden. In der Verhaltenstherapie zielt eine Therapeutin nun darauf ab, mit dem Patienten gemeinsam sehr genau die Art der Probleme und die ungünstigen oder die fehlenden Verhaltensweisen mit all seinen Folgen herauszufinden. Dann wird schrittweise das ungünstige Verhalten abgebaut und hilfreicheres Verhalten aufgebaut. Dabei werden immer wieder Ziele abgesprochen und kleine Schritte gemeinsam erarbeitet, damit ein Patient seine Probleme lösen und seine Beschwerden oder Störungen verändern kann. Um dies zu erreichen, werden hauptsächlich Gespräche geführt, es finden aber auch viele Übungen innerhalb und außerhalb des Therapieraumes statt. So gibt es zuweilen Hausaufgaben, in denen etwas überlegt, beobachtet oder auch konkret geübt werden soll.
Eine „Spezialisierung“ innerhalb der Verhaltenstherapie ist die sogenannte Kognitive Verhaltenstherapie.
Im Mittelpunkt der Kognitiven Therapieverfahren stehen unsere
Kognitionen. Kognitionen sind unsere Einstellungen, Gedanken,
Bewertungen und Überzeugungen. Die „Kognitiven Therapeuten“ gehen
davon aus, dass die Art und Weise, wie wir über etwas denken, von
ganz besonderer Bedeutung ist, Denn die Art, wie wir über etwas
denken, wie wir beispielsweise ein Ereignis bewerten, bestimmt ganz
massiv, wie wir uns in einer Situation fühlen. Und das wiederum hat
Auswirkungen darauf, was wir tun oder wie unser Körper reagiert.
Mit diesem therapeutischen Vorgehen könnte man das o. g. Beispiel so
einordnen:
Auslöser: Jemand ist zu einer Party eingeladen.
Gedanken: „Da kenne ich ja kaum einen und bestimmt wird keiner mit
mir reden. Das wird mir sowieso keinen Spaß machen und ich werde mir
ganz blöd vorkommen. Das kann ich gar nicht haben, da bleibe ich
lieber weg.“
Gefühl: Anspannung, vielleicht Angst vor der Party
Handlung: Absagen, nicht zur Party gehen.
In der Kognitiven Verhaltenstherapie wird nun betont, dass die
vermutlich übertrieben negativen Bewertungen und Erwartungen der
Party Ängste auslösen und den Menschen davon abhalten, zur Party zu
gehen. In unserem Beispiel könnte daran gearbeitet werden, die
Situation realistischer und hilfreicher einzuschätzen.
Hilfreichere Gedanken könnten sein: „Vielleicht kenne ich ja doch
andere Gäste, und falls nicht: vielleicht sind auch andere da, die
sonst niemand kennen. Ich kann ja auch Leute ansprechen und mit
ihnen reden, auch wenn ich sie nicht kenne.“
Da es natürlich sein könnte (wenn es auch nicht sehr wahrscheinlich
ist), dass der Mensch in unserem Beispiel den ganzen Abend mit
keinem anderen ins Gespräch kommt, wären noch weitergehende
Überlegungen ebenfalls hilfreich: „Falls ich den ganzen Abend kein
Gespräch führe, heißt das nicht, dass ich eine langweilige oder
hässliche Person wäre. Ich kann ich mich trotzdem amüsieren. Ich
kann die anderen beobachten, das Essen genießen, der Musik
lauschen…“.
Mit diesen Einstellungen könnte der Mensch sich motivieren, auf die Party zu gehen und sie vermutlich auch genießen. Dann würde er Freude und Geselligkeit statt Angst, Frust und Einsamkeit erleben und ein großer Schritt gegen Deprimiertheit wäre getan…
In der Kognitiven Verhaltenstherapie geht es also darum, herauszufinden, wie und was jemand in einer schwierigen Situation denkt und wie sich das auf das Fühlen, Handeln und den Körper auswirkt. Es wird geguckt, welche Einstellungen, Erwartungen, Bewertungen zu unangemessenen, problematischen, belastenden Gefühlen führen. Dann wird daran gearbeitet, diese Gedanken zu verändern, also eine neue und hilfreichere Sicht der Situationen zu finden und auch zu erleben. Schritt für Schritt wird dann geübt, dieses neue Denken und Erleben in immer mehr Situationen auszuprobieren und zu erleben.
Abschließend noch weitere Merkmale der Verhaltenstherapie und der Kognitiven Therapie:
- Die Verhaltenstherapie ist immer individuell auf den Einzelnen, sein spezifisches Verhalten, seine persönliche Situation und Ziele ausgerichtet.
- Die Therapie geht schrittweise vor. Zunächst werden das Verhalten, seine Konsequenzen und die Gesamtsituation analysiert, die Veränderungsziele bestimmt, dann wird schrittweise das Umsetzen von Verhaltensveränderungen geplant und geübt.
- Alle Therapieschritte werden mit dem Patienten gemeinsam erarbeitet; die Therapie ist also für den Patienten durchschaubar und einsichtig.
- Der Patient ist aktiv, da viel geübt wird und da Hausaufgaben zur Selbstbeobachtung oder zur Umsetzung von Verhaltensveränderungen durchgeführt werden.
- Die Verhaltenstherapie basiert auf der wissenschaftlichen Psychologie, ihren Forschungen und Ergebnissen. Die Verfahren sind dabei hinsichtlich Nützlichkeit und Wirksamkeit erforscht.